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Tom Jürgens (Solbach-Freise-Stiftung)

Zivilcourage ist preiswürdig - Solbach-Freise-Stiftung zeichnet mutige Menschen aus

Erstellt von Stefani Stöckemann (Einbecker Morgenpost) |

Zu einem Vortrag und einer Diskussion zum Thema „Zivilcourage“ hatte die Kreisvolkshochschule in die Stadtbibliothek Einbeck eingeladen.

Wir veröffentlichen dazu einen Bericht der Einbecker Morgenpost:

Einbeck. Ist Zivilcourage lernbar und was bedeutet sie in Zeiten von »fridays-for-future«, Menschenfeindlichkeit und Extremismus-Tendenzen? Diese Fragen beleuchtete Tom Jürgens in seinem Vortrag in der Stadtbibliothek, er stellte den Zivilcouragepreis der Solbach-Freise-Stiftung für Zivilcourage sowie einige Preisträger vor. 

Ziel der Stiftung ist die allgemeine Förderung der Demokratie und der Zivilcourage in Staat und Gesellschaft sowie die Unterstützung von Bestrebungen zur Entwicklung des Bewusstseins für Zivilcourage. Dieses Ziel wird insbesondere durch die Verleihung eines mit 5.000 Euro dotierten Preises samt Erinnerungsplakette mit der Bezeichnung »Demokratie wagen - Zivilcourage zeigen« angestrebt. Der Preis wird an Menschen vergeben, die sich für die Allgemeinheit, für Demokratie, Bürgerrechte und Gerechtigkeit einsetzen - ohne Konflikte mit Staat, Bürokratie oder privater Wirtschaft zu scheuen. Geehrt wurden bereits 22 Menschen beziehungsweise Organisationen, die trotz mutigen Auftretens für das Allgemeinwohl auch persönliche Nachteile in Kauf nehmen. Mit der Ehrung will die Stiftung andere Menschen ermutigen, bei Missständen und Ungerechtigkeiten nicht weg zu schauen, sondern sich zu engagieren. 

Jürgens ist Leiter der Stiftung. Sie wurde 1994 vom gleichnamigen Ehepaar in Emmerthal bei Hameln gegründet. Die Stiftung hat ihren Sitz in Bodenwerder. Anne Solbach-Freise und ihr Mann Ulrich Freise beschlossen 1994 einen Großteil ihres Privatvermögens in eine Stiftung einzubringen. Ihre Motivation war es, »Zivilcourage als Bürgertugend zu fördern und durch die Verleihung des Preises den mutigen Einsatz von Personen und Organisationen  für Gerechtigkeit zu ehren«.

Menschenrechtler, Atomkraftgegener, Globalisierungskritiker und Kriegsgegner wurden bereits ausgezeichnet. BSE, unmenschliche Arbeitsbedingungen, Kampf gegen Umweltgifte, Massentierhaltung, Aktivitäten von Weltkonzernen und der Rüstungsindustrie - die Anliegen der Preisträger sind vielfältig. »Ausnahmepersönlichkeiten«, unterstrich Jürgens, seien ausgezeichnet worden.

 Akribisch habe die Stiftungsgründerin Dossiers angelegt und genau überlegt, wer den Preis bekommen solle, erklärte Jürgens. Nach ihrem Tod hat er als Stiftungsvorstand mit dem Beirat Heiko Limburg, Frajo Hanisch und  Mechthild Steinhauer versucht, die weiteren Preise im Sinne der Stiftungsgründerin zu vergeben.

Über den diesjährigen Preisträger 2019 schreibt die Stiftung: »Der Beirat hat die Organisation ‘Jugend rettet’ ausgewählt, die durch ihre Rettungsmission im Mittelmeer mit der »Iuventa« und ihrem Kapitän Benedikt Funke bekannt wurde. Der Beirat möchte mit der Auszeichnung ein Zeichen setzen zur Anerkennung von Zivilcourage in der jungen Bevölkerung: »Themen wie Menschlichkeit, Frieden, Klima und Gemeinschaft stehen in dieser Generation weit oben und geben Hoffnung auf die Zukunft.«

Vielen bekannt ist auch die Verleihung aus dem Jahr 2017. Die ehemalige Jobcenter-Mitarbeiterin Jana Grebe aus Osterholz-Scharmbeck bei Bremen, die ihren eigenen Arbeitgeber wegen angeblich rechtswidrigen Umgangs mit Langzeitarbeitslosen verklagt hatte, erhielt den Zivilcourage-Preis 2017. Jana Grebe hatte sich vergeblich dagegen gewehrt, dass das dortige Jobcenter monatelang sogenannte Eingliederungsvereinbarungen (EGV) an Hartz-IV-Empfänger ohne Einzelfallprüfung verschickte. Wenn die Empfänger, darunter auch Kranke und Fremdsprachler, sich nicht an die ihrer Meinung nach schwer verständlichen EGV hielten, sollte Jana Grebe Sanktionen gegen sie verhängen. Als die Fallmanagerin vor Gericht gegen ihren Arbeitgeber verloren hatte, kündigte sie ihre Stelle, um nicht unter solchen Bedingungen arbeiten zu müssen.

Weniger das Geld, sondern die Anerkennung sei den Preisträgern wichtig, meinte Jürgens. Der Preis kann mittlerweile  - wegen geringer Zinserträge - nur noch alle zwei Jahre vergeben werden. Für 2021 ist die Stiftung bereits auf der Suche - gedacht wird jetzt an mutige Containerinnen, also Menschen, die Lebensmittelverschwendung anprangern. Anregungen für Preisträgerinnen werden unter zivilcourage@solbach-freise-stiftung.de gerne entgegen genommen. 

Die Veranstaltung wurde von »Demokratie leben!« – Lokaler Aktionsplan im Landkreis Northeim gefördert.


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